Die Emotionsbrille

von | Apr 1, 2016 | Arbeitskontext, Selbstreflexion, Umgang mit anderen

Das kennen Sie sicher auch: Sie sind voll mit Arbeit, müssen sich um viel zu viel am besten sofort kümmern und dann Fehler, fehlender Fleiß oder falsche Versprechungen von Kollegen, Vorgesetzten oder Mitarbeitern. Und die Probleme landen bei Ihnen auf dem Schreibtisch, lähmen Ihre Arbeit, sind völlig überflüssig und nerven.

Jetzt sollten wir eigentlich reagieren, das Problem anpacken, ins Gespräch gehen und Feedback geben. Also noch mehr Arbeit, was noch mehr Ärger auslöst. Und der formt dann eine Brille, durch die wir das Problem gestochen scharf sehen, während der Rest der Zusammenarbeit verschwimmt und bedeutungslos wird. Verständlich und nachvollziehbar – so ticken wir nun mal – aber keine gute Gesprächsgrundlage, um vom Gegenüber gehört, verstanden und mit unserm Anliegen ernst genommen zu werden. Denn die Wahrheit ist doch oft, dass die Zusammenarbeit in weiten Teilen gut funktioniert. Nur Funktionierendes wird selbstverständlich. Und Selbstverständliches nehmen wir nicht mehr wahr.

Fazit: Emotionen sind zwar wichtig, um in Aktion zu treten, aber als Geburtshelfer für eine ausgewogene, realitätsnahe Sicht der Dinge eher ein Fehlbesetzung. Deshalb hier eine kleine Achtsamkeitsübung, zur Vorbereitung auf kritische Feedbackgespräche.

  • Nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit und konzentrieren Sie sich zuerst auf Ihren Atem. Dadurch kommen Sie etwas raus aus dem Alltagsgeschäft. Strengen Sie sich dabei nicht zu sehr an. Wenn die Konzentration auf den Atem nicht funktioniert, weil sich die Gedanken im Kopf überschlagen, seien Sie nachsichtig mit sich. Allein der Versuch, sich auf den Atem zu konzentrieren, ist schon hilfreich.
  • Vergegenwärtigen Sie sich das Problem in der Zusammenarbeit. Was denken Sie? Wie bewerten Sie Ihr Gegenüber? Welche Gefühle werden bei Ihnen durch die Gedanken ausgelöst. Versuchen Sie allem, was auftaucht, einen Platz zu lassen und nicht gegen die Gedanken, Bewertungen und Gefühle anzukämpfen, nach dem Motto „das sollte ich eigentlich nicht denken oder fühlen“. Wenn Sie wollen, können Sie zu sich sagen: ja, diese Gedanken und Gefühle gibt es bei mir.
  • Weiten Sie nun den Fokus Ihrer Aufmerksamkeit auf die gesamte Zusammenarbeit aus und schauen Sie vor allem darauf, was funktioniert. Vielleicht helfen Ihnen diese Fragen: Was ist gut in der Zusammenarbeit? Wobei entlastet mich mein Gegenüber? Was landet nicht auf meinem Schreibtisch? Was funktioniert, ohne dass ich mich darum kümmern muss? Achten Sie darauf, wie sich vielleicht Ihre Gefühle zum Gegenüber oder Ihre Bewertungen verändern. Bleiben Sie auch dabei locker und entspannt. Nehmen Sie sich gerade für diesen Punkt Zeit.
  • Schätzen sie nun den Wert der gesamten Zusammenarbeit, indem Sie auf beides schauen, das Problematische und das Funktionierende. Vielleicht hilft es Ihnen, wenn sie beides in ein prozentuales Verhältnis setzen. Das ist das Fundament der vielbeschworenen Wertschätzung.
  • Achten Sie zum Schluss der Übung darauf, ob und was sich bei Ihnen in Bezug auf Ihr Gegenüber verändert hat. Nehmen Sie das mit in das Feedbackgespräch.

Sie brauchen nicht zu befürchten, dass durch die Übung das Problematische und Ihr Anliegen unter den Teppich gekehrt werden. Es ist vielmehr umgekehrt. Die Übung erleichtert Ihnen, Ihr Anliegen zur Sprache zu bringen.

Übrigens funktioniert die Übung auch bestens im Privatleben.

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