Das Ziel ist nicht der Weg

von | Dez 23, 2015 | Selbstreflexion, Umgang mit sich

Wir alle haben Ziele: berufliche, private, kleine, große, klare, diffuse oder heimliche. Wir wollen den Schreibtisch oder den Keller aufräumen, mit dem Rauchen aufhören, mehr Sport machen, die nächste Karrierestufe erklimmen, den Arbeitsplatz wechseln, die Schulden los werden oder endlich die Beziehungskrise lösen.

Ziele zu haben ist normal und Quelle unserer Motivation. Und wenn wir sie erreichen, können sie auch Quelle von Zufriedenheit und Glück sein.

Aber manchmal steht uns gerade ihre positive, emotionale Aufladung im Weg. Wir haben nur das Ziel im Auge, wünschen uns, schon dort zu sein und würden uns am liebsten dorthin beamen. Wenn wir uns umschauen, scheint das ja auch irgendwie zu klappen: Der Freund ordnet sein Kellerchaos an einem Tag. Die Cousine hört von einem Tag auf den anderen auf zu rauchen. Der Arbeitskollegin fällt über Nacht ein neuer Job in den Schoss. Das zerstrittene Nachbarehepaar geht plötzlich wieder händchenhaltend spazieren. Und dann schauen wir auf unser eigenes Gipfelziel, sind geblendet vom zukünftigen Gipfelglück und … fallen auf die Nase. Denn leider ist der Weg dorthin immer nur bei den anderen und im Science Fiction Märchen leicht und gebahnt wie im Foto. In Wirklichkeit ist er eher steil, lang, unklar, holprig und anstrengend. Wenn wir nicht stolpern wollen, fordern sie bei jedem Schritt unsere ganze Aufmerksamkeit. Deshalb hier eine Übung für alle, die sich gerne ans Ziel beamen würden.

  • Nehmen Sie sich etwas Zeit und vergegenwärtigen Sie sich ein Ziel. Stellen Sie sich vor, Sie wären schon am Ziel angekommen. Welche Gedanken und Gefühle tauchen bei dieser Vorstellung auf? Nach ein paar Atemzügen lassen Sie diese „Zukunftsphantasien“ wieder in den Hintergrund treten, ohne sie abzuwerten.
  • Richten Sie nun die Aufmerksamkeit auf Ihre gegenwärtige Situation. Wo stehen Sie gerade auf dem Weg zum Ziel, am Anfang, in der Mitte am Ende? Wenn selbstkritische Stimmen laut werden, dass sie noch nicht weiter sind, lassen Sie sich nicht von ihnen fesseln. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit wieder auf Ihre momentane Situation und erforschen Sie die äußeren und inneren Hindernisse auf dem Weg, z. B. Ihre zeitlichen Belastungen, Ihre Befürchtungen, Ihre leeren Batterien.
  • Dann fragen Sie sich, was gegenwärtig trotz aller widrigen Umstände der nächste, kleine Schritt auf dem Weg zum Ziel sein könnte. Wenn Ihnen etwas einfällt, fragen Sie sich, wie Sie den Schritt noch kleiner machen können. Bedenken Sie, je kleiner der Schritt, desto eher gehen Sie ihn tatsächlich und desto weniger kommen Sie beim Gehen ins Straucheln. Vielleicht merken Sie sogar, dass Sie jetzt gar nicht viel tun wollen oder können und dass geduldiges Abwarten der nächste Schritt ist.
  • Zum Schluss erkennen Sie den nächsten kleinen Schritt an als den Schritt, der im Moment angesichts der äußeren und inneren Widrigkeiten möglich ist. Machen Sie sich bewusst, dass Ziele, die den Namen verdienen, oft nur mit Anstrengungen außerhalb der Komfortzone erreicht werden. Und dort ist jeder Schritt schwer und wertvoll.

Deshalb seien Sie freundlich und verständnisvoll mit sich, wenn Sie den nächsten Schritt doch nicht gehen.
Ich wünsche Ihnen viele schöne und leichte Wegstrecken. Die gibt es auch.

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