Entscheiden ohne Netz

von | Mai 14, 2015 | Selbstreflexion, Umgang mit sich

Natürlich hätten wir es gerne sicherer, doch Entscheidungen gibt’s nur „ohne Netz“, jedenfalls solche, die den Namen verdienen. Trotz Wissen und Gewissen können sie sich als falsch erweisen, uns und anderen schaden, Chancen verbauen, Probleme verstärken, andere gegen uns aufbringen und uns isolieren.

Verständlich, dass wir sie gerne mal nach hinten schieben, aussitzen oder ganz vermeiden. Dann entscheiden andere, nicht immer in unserm Sinne. Aber es hat den großen Vorteil, dass wir uns über ihre (Fehl-) Entscheidungen beklagen können und nicht mit unseren hadern müssen.

Wir sollten uns aber nicht kritisieren, wenn wir unsern Katastrophenphantasien glauben und uns Entscheidungsmut fehlt. Das verdanken wir auch unserm biologischen Erbe, unserm Bedrohungssystem. Es ist schnell alarmiert und dominiert dann unbewusst, aber wirksam unser Entscheidungsverhalten nach dem Motto „Lieber 5 Minuten feige als ein ganzes Leben lang tot.“ Simpler Widerstand gegen die geballte emotionale Macht unseres Schutzsystems hilft nicht. Aussichtsreicher ist da schon, mit Akzeptanz und Freundlichkeit unsern Gefühlshaushalt zu erforschen, um sich besser zu verstehen. Oft wird dabei auch das Überdimensionale und Unwahrscheinliche unserer Schwarzmalerei selbst für unser Bedrohungssystem nachvollziehbar. Deshalb hier eine kleine Achtsamkeitsübung zur „Entscheidungserforschung“:

  • Nehmen Sie sich einige Minuten Zeit und sorgen Sie dafür, dass Sie in dieser Zeit nicht gestört werden.
  • Denken Sie nun an die Entscheidung, die Sie erforschen wollen. Welche Entscheidungsoptionen haben sie? Gibt es vielleicht Optionen, an die sie noch gar nicht gedacht haben? Widerstehen Sie dem Impuls, die letzte Frage allzu schnell zu überspringen, wenn sich nicht sofort eine Antwort zeigt.
  • Richten Sie nun Ihre Aufmerksamkeit der Reihe nach auf jede Entscheidungsoption und gehen Sie mit jeder Option die beiden folgenden Punkte durch:
    Welche Gedanken, Bilder, Personen, phantasierte oder erinnerte Situationen tauchen bei der jeweiligen Option in Ihrem Geist auf?
    2. Welche Stimmungen oder Gefühle werden durch die Gedanken ausgelöst? Benennen Sie die Gefühle innerlich, so werden die emotionalen Unterschiede deutlicher.
  • Nachdem Sie alle Optionen durchgegangen sind, verabschieden Sie sich von der Vorstellung, dass Sie wissen können, was die richtige Entscheidung ist und erlauben Sie sich auch eine Fehlentscheidung. Sagen Sie zum Beispiel innerlich zu sich: „Ich darf auch eine Entscheidung treffen, die sich im Nachhinein als falsch erweist.
  • Machen Sie zum Schluss einen Check: Hat sich etwas verändert in Bezug auf die Entscheidung? Gibt es neue Einsichten oder Handlungsimpulse.

Ich freue mich, wenn Ihnen die kleine Übung bei der Entscheidungsfindung hilft. Wenn nicht, braucht die Entscheidung vielleicht nur etwas Zeit, Sie fällt dann, wenn sie reif ist.

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