Das Ende des Dominospiels

von | Dez 12, 2017 | Selbstreflexion, Umgang mit anderen, Umgang mit Unangenehmem

Als Erwachsene spielen wir Domino oft so: Ein Wort, ein Tonfall, eine Miene in einer bestimmten Situation und der Streit geht los. Wir haben es zwar in der Hand, aber meistens lassen wir den ersten Stein fallen und die anderen folgen, wie schon so oft. Immer nach dem gleichen Muster. Wenn wir uns jetzt reinwaschen, weil der erste Stein doch wohl vom Gegenüber umgeworfen wurde, dann sind wir schon mitten im Spiel, im „Du-bist-Schuld-Spiel“ oder „Du-musst-dich-ändern-Spiel“.

Haben Sie schon mal erlebt, dass dieses Spiel gut ausgeht, zu einer Lösung führt oder ihr Gegenüber sich tatsächlich ändert? Ich nicht. Und doch bleiben wir dabei, gebannt von Wut oder Angst, zu kurz zu kommen, wenn wir nachgeben. Wir sehen nur die Alternative, sich durchzusetzen oder (sich) zu verlieren. Kreativ, wie wir sind, kennen wir neben dem Explodieren viele andere Durchsetzungsvarianten: Kommunikationsabbruch, Liebesentzug, hinterrücks foulen oder Fake News kreieren usw. (Was sind Ihre Favoriten?) Die dritte Möglichkeit, sich gemeinsam einer Problemlösung anzunähern, gäbe es natürlich auch, wenn unser Gegenüber für ein vernünftiges Gespräch zugänglich wäre. Ist es aber nicht, da es schnell mitbekommt, dass wir nur das Spielfeld, aber nicht die Regeln verändern.

Meistens sieht das Gefechtsende so aus: unentschieden, erschöpfte, verletzte Gegner und manchmal Reue, weil mehr auf dem Spiel steht, als ein Sieg – bis zur nächsten Runde.

Wenn Sie aus einem solchen Spiel aussteigen wollen, dann geht das. Die gute Botschaft. Allerdings nur, wenn Sie einseitig deeskalieren. Die schlechte Botschaft. Hier eine kleine Übung dazu, wenn Sie es trotzdem probieren wollen. Immerhin gibt es viel zu gewinnen.

  • Fassen Sie den Entschluss, das Problem wirklich lösen zu wollen, nämlich den sich immer wieder entfaltenden Domino-Prozess tatsächlich unterbrechen zu wollen. Akzeptieren Sie, für diese Unterbrechung Ihr Verhalten einseitig zu verändern, ohne von Ihrem Gegenüber ähnliches zu erwarten. Geben Sie den Versuch auf, Ihr Gegenüber von Ihrer Meinung überzeugen zu wollen. Vielleicht hilft es Ihnen, den Entschluss zu fassen, wenn Sie sich Ihre „Kosten“ der bisherigen „Dominorunden“ vergegenwärtigen. Bleiben Sie freundlich zu sich, wenn Sie merken, dass Sie (noch) nicht bereit sind. Geben Sie sich die Zeit, die Sie für diesen Entschluss brauchen.
  • Seien sie aufmerksam für Situationen, in denen das Spiel leicht losgehen kann. Wenn Sie merken, dass das Spiel zu beginnen droht, halten Sie inne und atmen Sie bewusst ein und aus, so lange es die Situation zulässt, ohne etwas zu sagen oder zu tun. Das allein unterbricht schon den gewohnten Ablauf.
  • Lenken Sie beim Atmen Ihre Aufmerksamkeit von Ihrem Gegenüber weg auf Ihre eigenen Gefühle. Versuchen Sie zu bemerken, was Sie gerade fühlen, egal ob es Wut, Angst, Stolz, Verachtung, Rache, Befürchtungen oder anderes ist. Anerkennen Sie Ihre Emotionen so freundlich und wohlwollend wie möglich, ohne sie zu bekämpfen, sich für sie zu verurteilen oder sie irgendwie zu problematisieren, z. B. auf das Verhalten Ihres Gegenübers zurückzuführen. So reduzieren Sie Ihren Handlungs- und Argumentationsdruck.
  • Lassen Sie Ihre Reaktionen auch im weiteren Verlauf der Interaktion mit Ihrem Gegenüber aus der Freundlichkeit Ihren eigenen Gefühlen gegenüber entstehen. Sie können darauf vertrauen, dass Sie sich anders verhalten als sonst, je mehr es Ihnen gelingt, mitfühlend und tröstlich mit sich umzugehen. Versuchen Sie Ihre Reaktionen nicht zu „erdenken“. Dadurch steigt die Gefahr, in alte Reaktionsmuster zu verfallen.

Wenn sich trotz Entschlossenheit und guter Absicht das alte Dominospiel entfaltet, seien Sie verständnisvoll, mitfühlend und fürsorglich zu sich. Üben Sie diese Haltung. Das ist das beste Training, um die nächste Chance zu nutzen. Sie kommt sicher.

Ich wünsche Ihnen schöne Überraschungen beim Beenden Ihrer Dominospiele.

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