Die richtige Spannung

von | Sep 8, 2017 | Selbstreflexion, Umgang mit sich

Für Musik ist die richtige Spannung entscheidend. Wenn wir zum Beispiel eine Gitarre stimmen, sorgen wir für die richtige Spannung der Saiten. Ist die Saite zu locker, ist der Ton zu tief und dumpf, ist sie zu straff, ist der Ton zu hell und klirrend. Das gilt in gewisser Weise auch für uns selbst. Denn wir sind unser wichtigstes Arbeitsinstrument. Auch bei uns erhält die Balance zwischen Anspannung und Entspannung unsere Arbeitsfähigkeit. Und wenn wir mit großer Arbeitsbelastung kämpfen, lauern die gleichen Verstimmungen wie bei der Gitarre. Wir sind zu angespannt oder zu locker, nur vielleicht etwas weniger offenkundig als bei der Gitarre.

Das erste Phänomen ist uns vertraut. Steigt der Stresspegel, verspannen wir uns leicht. Aber im Gegensatz zu einer verstimmten Gitarre, neigen wir dazu, diese Verspannungen nicht so ernst zu nehmen. Wir arbeiten weiter, machen keine Pause, „verarbeiten“ die Freizeit und das Wochenende und geben unserer Erholung keine Chance, obwohl uns Gesundheitsexperten – ausnahmsweise unisono – darauf hinweisen, wie wichtig Phasen der Entspannung sind, nicht nur für unsere Gesundheit, sondern auch für unsere Leistungsfähigkeit.

Das zweite Phänomen ist vielleicht weniger bekannt. Im Stress werden wir träge. Wir verlieren unsere geistige Spannkraft, unsere mentale Frische und die Bereitschaft, uns auf Neues einzulassen. Doch gerade wenn die Arbeitslast so groß wird, dass wir sie in gewohnten Bahnen nicht mehr bewältigen können, sind neue Wege gefragt. Das Neue ist natürlich situationsabhängig und für jeden etwas anderes. Aber die Tendenz, es im Stress eher zu vermeiden, ist uns allen eigen.

Deshalb hier eine Übung, mit der Sie sich auf Ihren Arbeitstag einstimmen und Ihre Bereitschaft stärken können, auch im Laufe des Tages, Ihre Spannung zu justieren.

  • Nehmen Sie sich am Morgen vor Ihrem Arbeitsbeginn 8 – 10 Minuten Zeit. Sorgen Sie dafür, dass Sie ungestört sind und lassen Sie sich von Ihrem Handy das Ende der Übung signalisieren. Schließen Sie die Augen, wenn Ihnen das hilft, zu sich zu kommen. Atmen Sie eine Zeitlang bewusst ein und aus bis Sie ruhiger werden.
  • Vergegenwärtigen Sie sich Ihren Arbeitstag und machen Sie sich bewusst, dass Sie selbst es sind, Ihr Körper und Ihr Geist, die die Arbeit erledigen. Versuchen Sie deshalb, sich selbst gegenüber Wohlwollen zu entwickeln und einen wohlwollenden Wunsch an sich zu formulieren, z. B. „Möge ich mich selbst trotz der vielen Arbeit nicht vergessen.“ Oder: „Möge ich heute gut mit mir umgehen“. Vielleicht finden Sie einen eigenen Satz, der Sie besonders anspricht.
  • Versuchen Sie dann in der gleichen wohlwollenden Haltung einen zweiten Wunsch an sich zu formulieren, in dem es um ihre mentale Beweglichkeit geht, z. B. „Möge ich heute trotz aller Arbeitslast auch Neuem Raum geben.“ Oder: „Möge ich mich auch neuen Chancen öffnen.“ Vielleicht fällt Ihnen auch hier eine eigene Formulierung ein.
  • Wiederholen Sie nun beide Sätze immer wieder für die verbleibende Zeit und versuchen Sie die Sätze, so gut Sie es im Moment können, auch zu meinen. Bleiben Sie auch dann dabei, die Wünsche zu wiederholen, wenn Ihnen das nur schlecht gelingt. Auch mechanische Wiederholungen wirken im Gehirn. Wenn Sie bemerken, dass Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit von den Wünschen abschweifen, was ganz normal ist, bringen Sie Ihre Aufmerksamkeit ohne Selbstvorwürfe einfach wieder zu den Wünschen zurück.
  • Beachten Sie, dass der Sinn der Übung darin besteht, ihr Wohlwollen sich selbst gegenüber zu stärken sowie die Aufmerksamkeit für Ihre Erholungsbedürftigkeit und Ihre Chancen, die sich in jedem Moment neu zeigen können. Die Übung zielt nicht darauf, Ihre To-do-Liste mit weiteren Entspannungs- und Experimentier-to-do‘s zu füllen.
  • Nachdem die Zeit abgelaufen ist, beenden Sie die Übung mit ein paar bewussten Atemzügen.

Ich wünsche Ihnen ein gut gestimmtes Arbeiten.

Verwandte Achtsamkeitsimpulse:

logo institut 3p

Filterfunktion