Die unterschätzte Anstrengung

von | Feb 11, 2019 | Arbeitskontext, Meditation, Selbstreflexion, Umgang mit sich

Müssen Sie bei Ihrer Arbeit denken? Vermutlich antworten Sie: klar, muss ich. Aber wie oft denken Sie wirklich nach.

Wenn es nicht sein muss, denken wir nicht. Denn Denken ist anstrengend, wenn wir nicht gerade im Flow sind und unser Interesse von selbst die Aufmerksamkeit fesselt. Wie anstrengend Denken ist, können wir daran erkennen, dass wir es gerne verschieben. Die Fülle der (unwichtigen) Termine kommt uns da zupass. Oder wir vermeiden es gleich ganz, wenn wir uns mit unpassenden, aber gewohnten Vorstellungen zufriedengeben. Dann wollen wir es gar nicht so genau wissen und ignorieren Komplexität, Widersprüche oder Ambivalenzen. In der Sache sind das selten zielführende Strategien. Aber sie entlasten.

Das sollten wir nicht zum Anlass nehmen, streng mit uns ins Gericht zu gehen. Es sollte uns eher bewusst machen, welche mentale Herkulesaufgabe Denken ist. Sie erfordert eine Menge Disziplin und Selbstkontrolle, um die Konzentration entgegen aller Ablenkungsversuchungen aufrechtzuerhalten, die uns z. B. unsere allgegenwärtigen „Digitalisierungsteufelchen“ in Hülle und Fülle bieten. Zudem ist das Tagesbudget an mentaler Anstrengung und Selbstdisziplin beschränkt, wie uns Psychologen versichern und wir es selbst erleben können. Ist es ausgeschöpft, wächst unser Bedürfnis nach Ablenkung, Lust und Disziplinlosigkeit, was nicht nur konzentrierte Arbeit erschwert, sondern uns auch gerne mal abendliche Fress-, Trink- oder andere Orgien beschert.

Diese Einsichten sollten wir ernst nehmen in einer (Arbeits-) Welt, die sich immer schneller verändert und in der „hirn“lose Routinen seltener und Denken wichtiger werden. Hier eine Achtsamkeitsübung, die helfen kann, mit unserem Konzentrationsbudget hauszuhalten.

  • Halten Sie immer wieder mal 1-3 Minuten inne bei Ihrer Arbeit und unterbrechen Sie das, was Sie gerade tun. Um das Innehalten nicht zu vergessen, lassen Sie sich von Ihrem „Digitalisierungsteufelchen“ z. B. alle 2 Stunden daran erinnern.
  • Konzentrieren Sie sich für einige Atemzüge auf Ihren Atem. Spüren Sie körperlich, wo und wie der Atem Ihren Körper bewegt. Um die Wahrnehmung zu unterstützen, können Sie eine Hand auf den Bauch legen.
  • Fragen Sie sich dann, was gerade bei und in Ihnen passiert. Was denken Sie, was beschäftigt sie gerade. Wie fühlen Sie sich im Moment? Wie sind sie gestimmt? Was bekommen Sie von Ihrem Körper mit, z. B. Hunger, Durst, Harndrang, Müdigkeit, Verspannungen, Bewegungsbedürfnis? Welche Handlungsimpulse haben Sie? Nehmen Sie alles mit Interesse und möglichst ohne Wertung zur Kenntnis. Gestehen Sie es sich zu, so zu sein, wie Sie im Moment sind. Das ist Ihre Realität.
  • Entscheiden sie zum Schluss, was Sie nach dem Innehalten tun. Machen Sie wie vorher weiter, gönnen Sie sich eine Pause, um neue Kraft zu schöpfen, tun sie etwas weniger Anstrengendes, um z. B. Ihr Konzentrationsbudget zu schonen oder entschließen Sie sich, mit der bisher vielleicht aufgeschobenen Denkanstrengung zu beginnen? Würdigen Sie mit Ihrer Entscheidung die schon geleistete oder noch anstehende Denkanstrengung. Seien Sie dabei großzügig. Meistens unterschätzen wir (und andere) diese Anstrengung.

Ich wünsche Ihnen eine stabile Konzentration.

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