Prioritäten – Pflicht gegen Lust

von | Apr 11, 2017 | Arbeitskontext, Selbstreflexion, Umgang mit sich

Kennen Sie das? Sie wollen verreisen, packen den Koffer und stellen früher oder später fest: er ist zu klein. Sie beginnen zu stopfen und irgendwann merken Sie: alles geht nicht rein. Sie müssen was da lassen. Und weil der Koffer gnadenlos ist, geht es schließlich doch, dass Sie sich schweren Herzens von ein paar Sachen verabschieden und der Koffer schließt.

Eigentlich müsste das mit unseren Aufgaben, Besorgungen und Interessen genauso laufen: Der Tag hat 24 Stunden und die Woche 7 Tage. Nicht mehr. Die Zeit ist genauso gnadenlos wie der Koffer. Aber mit ihr gehen wir gerne mal „lockerer“ um. Wenn ich nur geschickt „packe“, dehnt sich der Tag ja vielleicht auf 26 Stunden. Natürlich tut er das nicht, aber trotzdem „dehnen“ wir morgen wieder. Es scheint einfacher zu sein, als Prioritäten zu setzen.

Was ist so schwer daran, Prioritäten zu setzen? Der Abschied ist schwer, der Abschied von liebgewonnenen Routinen: unserem Perfektionismus, dem Ehrgeiz, überall dabei zu sein, dem Plausch mit Kollegen, dem Surfen, Twittern und Xingen und all den schönen Dingen, die uns im anstrengenden Alltag Spaß machen. Sie stehen typischerweise auf unserer Prioritätenliste nicht oben, wo die wichtigen und dringenden Aufgaben stehen, sondern viel weiter unten, wo die Pflicht kleiner und die Lust größer ist. Und dort werden sie leicht Opfer von „vernünftigen“ Priorisierungen, die wir daran erkennen können, dass wir sie nicht ernst nehmen. Wir wissen zwar, was wirklich wichtig ist, tun aber vieles, was wirklich nicht wichtig ist. So einfach scheint es also nicht zu sein, Prioritäten nicht nur zu setzen, sondern auch umzusetzen. Dieser Umsetzungskampf entscheidet sich nicht auf den Medaillenplätzen sondern auf den hinteren Rängen der Prioritätenliste, dort wo es um unsere kleinen Alltagsfluchten geht. Hier eine kleine Reflexionsübung für übervolle Tage.

  • Nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit am Morgen, um Ihren „Tageskoffer“ zu packen. Atmen Sie ein paarmal bewusst ein und aus, um sich zu sammeln.
  • Denken Sie nun an das, was Sie heute erledigen müssen, sollen oder wollen. Wieviel davon können Sie wirklich schaffen? Seien Sie ehrlich und realistisch zu sich. Was passt tatsächlich in Ihren Tageskoffer und was nicht? Worauf wollen, sollen, müssen Sie verzichten? Entscheiden Sie sich, was sie heute nicht erledigen, nicht anpacken, nicht tun wollen.
  • Versuchen Sie nun, sich ohne Wenn und Aber von diesen Dingen bewusst zu verabschieden, so gut es geht. Falls es schwierig ist, versuchen Sie sich nur für diesen Moment, sozusagen probehalber, von den Dingen zu verabschieden. Welche Gedanken und vor allem welche Gefühle löst das bei Ihnen aus: Angst, Frustration, Enttäuschung oder anderes? Anerkennen Sie das Unangenehme: Ja, es ist beängstigend, frustrierend, enttäuschend … für mich, wenn ich heute keine Zeit für xxx habe.
  • Fragen Sie sich dann, wie Sie heute anerkennend, freundlich, aufbauend, ermutigend, belohnend, tröstlich oder fürsorglich zu sich sein könnten, wenn Sie wirklich ihre Prioritäten verfolgen und xxx nicht anpacken würden.
  • Beginnen Sie nun Ihren Tag und achten Sie darauf, wie Sie heute mit Ihrer Prioritätenliste tatsächlich umgehen. Vielleicht bemerken Sie ja kleine Veränderungen. Und machen Sie sich keine Vorwürfe, wenn es genauso läuft wie immer. Morgen ist ein neuer Tag.

Ich wünsche Ihnen viel Platz in Ihrem Tageskoffer.

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