Auf neue Ideen kommen

von | Mai 5, 2018 | Meditation, Selbstreflexion

Das Ziel von Achtsamkeit ist nicht Entspannung. Das Ziel von Achtsamkeit ist nicht Konzentration. Das Ziel von Achtsamkeit ist nicht das Abstellen von Gedanken. Das Ziel von Achtsamkeit ist nicht das Ende der Unruhe. Das Ziel von Achtsamkeit ist nicht Gelassenheit. Das Ziel von Achtsamkeit ist nicht das Aufgeben von Zielen. Das Ziel von Achtsamkeit ist nicht mentale Stärke. Das Ziel von Achtsamkeit ist nicht … Stopp!

Was denken Sie jetzt gerade? Sind Sie neugierig geworden oder unruhig oder genervt oder sind Sie mit Ihren Gedanken irgendwo anders und gar nicht mehr beim Lesen? Nehmen Sie die Frage ernst und geben Sie sich ein paar Sekunden Zeit, sie zu beantworten. Das ist Achtsamkeit. Mitkriegen, was gerade bei einem los ist, auch im Kopf. Das Ziel von Achtsamkeit ist nämlich Präsenz. Nichts anderes. Unsere innere und äußere Realität bewusst wahrnehmen und diese Wahrnehmung so sein zu lassen, wie sie gerade ist, ohne sie verändern zu wollen. Deshalb sind auch unsere Gedanken, egal ob Blabla, genialer Blitz oder Bewertung nicht der Feind von Achtsamkeit, sondern nur einer der ungeheuer vielen Phänomene, auf die sich unsere Aufmerksamkeit richten kann.

Es kann sogar sehr hilfreich sein, unserem Gedankenstrom Aufmerksamkeit zu schenken, vor allem wenn wir neue Ideen brauchen. Der Knackpunkt ist nur: Je mehr wir von Gedanken etwas wollen, umso weniger werden sie uns Neues bescheren. Die Gedanken sind zwar frei, aber nur dann, wenn wir Sie freilassen, wenn wir sie machen lassen, was sie wollen, wenn wir ihnen die Chance geben, dass unser Zufallsgenerator im Kopf, das default mode network, die Regie übernimmt. Dieses Netzwerk wird automatisch aktiv, wenn sich unser Kopf langweilt. Also müssen wir eigentlich nur unsern Kopf langweilen und dann möglichst absichtslos unseren Gedanken zusehen, um auf neue Ideen zu kommen. Klingt einfach. Ist es aber nicht. Denn unsere Absichten kanalisieren das freie Mäandern des Gedankenstroms schneller als uns lieb ist. Doch wir können üben, unseren Gedanken Urlaub zu geben und wir haben etwas, was unsern Kopf in kürzester Zeit langweilt: unser Atem. Also wenn Sie Ihr default mode network in Schwung bringen wollen, hier eine Übung:

  • Nehmen Sie sich ca. 10 Minuten Zeit und lassen Sie sich von Ihrem Smartphone das Ende der Zeitspanne angeben. Suchen Sie sich einen Ort, an dem Sie nicht gestört werden und legen Sie sich Papier und Bleistift bereit.
  • Schließen Sie die Augen, wenn Ihnen das hilft, Ihre Aufmerksamkeit auf die körperlichen Empfindungen beim Atmen zu richten, z. B. darauf, was Sie an Ihrer Bauchdecke spüren, wenn Sie sich beim Atmen hebt und senkt und bleiben Sie dann mit Ihrer Aufmerksamkeit bei der Bauchdecke.
  • Wenn Sie bemerken, dass sich Ihre Gedanken selbständig gemacht haben, was auf jeden Fall passieren wird, schauen Sie so interessiert und so offen wie möglich darauf, womit sich Ihr Geist gerade beschäftigt. Versuchen Sie, Ihre Gedanken nicht zu bewerten, z. B. ob sie diffus, immer gleich, altbekannt oder hilfreich sind. Vielleicht hilft Ihnen dabei die Vorstellung eines großen Raums, in dem sich die Gedanken ungehindert entfalten können.
  • Wenn Sie bemerken, dass Sie in den Gedankenstrom hineingezogen werden und anfangen nachzudenken, was ebenfalls automatisch passieren wird, können Sie entscheiden, ob Sie beim Nachdenken bleiben, z. B. weil es für Sie interessant ist, was Sie gerade denken oder ob Sie Ihre Aufmerksamkeit wieder zum Atem lenken und dort verankern bis Sie die nächste Abschweifung bemerken.
  • Bleiben Sie geduldig. Ideen kann man nicht erzwingen. Es kann aber sein, dass Sie tatsächlich auf neue Ideen kommen, die Sie nicht vergessen wollen. Dann unterbrechen Sie kurz die Meditation und schreiben Sie sich die Idee auf. So verhindern Sie, dass „die-Idee-nicht-vergessen“, den Gedankenstrom dominiert.

Ich wünsche Ihnen viel Kopffreiheit.

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