Eine Herzensangelegenheit

von | Dez 14, 2022 | Selbstreflexion, Umgang mit sich

Natürlich ist es bei jeder Entscheidung gut, wenn wir uns informieren, welche Folgen sie haben kann, das Für und Wider zusammenstellen und abwägen. Aber gerade bei wichtigen Entscheidungen, die unserm Leben eine andere Richtung geben, helfen rationale Strategien nur wenig weiter. Denn wir wissen es einfach nicht, wo uns der neue Weg hinführen wird. Was wissen wir von einer Stadt oder einer Wohnung, in der wir noch nicht wohnen, von einem Job, den wir noch nicht begonnen haben, einem Partner, mit dem wir noch nicht zusammenleben, einem Kind, das noch nicht geboren ist.

Nicht immer gehen wir mit anstehenden Entscheidungen klug um. Manchmal versuchen wir sie zu vermeiden, zögern sie hinaus, warten ab, laufen mal kurz in eine Richtung bis wir kalte Füße bekommen und umkehren. Manchmal überstürzen wir die Entscheidung, um sie möglichst schnell hinter uns zu bringen und uns nicht wirklich mit ihr auseinandersetzen zu müssen. Wer versteht solche Halbherzigkeiten nicht?

Das Wort verrät es: Wichtige Entscheidungen brauchen nämlich nicht nur Kopf, (Überlegen) und Hand (Tun), sondern auch Herz. Was immer mit „Herz“ gemeint ist, es scheint unverzichtbar zu sein, wenn es um Mut und Risikobereitschaft, eben um Beherztheit geht. Und die ist, so glaube ich, weniger ein Persönlichkeitsmerkmal als das Ergebnis eines Prozesses, der Zeit braucht, weil die verschiedensten Gefühlsregungen und Impulse, wie Wut, Enttäuschung, Abschiedstrauer, Ängste, Vorfreude oder Neugier unter einen Hut gebracht werden müssen. Auch wenn es wohl keinen Königsweg zur klugen Entscheidung gibt, so ist es auf jeden Fall hilfreich, sich der momentanen, emotionalen Gemengelage bewusstzuwerden. Hier ein paar Impulse dazu:

  • Machen Sie diese Übung nicht, um möglichst schnell zu einer Entscheidung zu kommen, sondern um möglichst viel Klarheit zu gewinnen, was manchmal viel Zeit braucht. Gestehen Sie sich diese Zeit zu, solange es die Situation erlaubt. Je größer die Klarheit, desto leichter und selbstverständlicher ergibt sich die Entscheidung.
  • Schauen Sie zurück: Auf welchem Weg sind Sie in diese Entscheidungssituation gekommen. Dieser Weg ist mit angenehmen und unangenehmen Gefühlen gepflastert. Welche Art von Gefühlen überwiegt? Welche Situationen und Personen kommen Ihnen in den Sinn, wenn Sie zurückdenken? Was verbindet Sie mit dem oder den Menschen, die Ihnen begegnet sind? Je intensiver die Gefühle und Beziehungen sind, an die Sie sich erinnern, umso wichtiger ist ein bewusster, manchmal schmerzlicher Abschied als Voraussetzung für neue Wege. Das gilt auch für die Verletzungen, die Ihnen andere auf dem Weg zugefügt haben. Erlauben Sie sich zu trauern. Nur wer genug getrauert hat, kann loslassen.
  • Schauen Sie nach vorne: Welche Gefühlsregungen lösen die jeweiligen Wege, die zur Wahl stehen, bei Ihnen aus? Welcher Weg spricht welchen Teil von Ihnen an und was sagt Ihr Herz zu den Wegen.
  • Um auch den leiseren, inneren Stimmen die Chance zu geben, gehört zu werden, kann es hilfreich sein, das Sprachrohr zu wechseln und zum Beispiel mit Buntstiften und Papier oder mit anderen Medien der Entscheidungs- und Gefühlslandschaft zum Ausdruck zu verhelfen. Sie brauchen keinen Aufwand zu treiben. Ein leeres Blatt und ein Bleistift genügen. Was entdecken Sie in Ihrem Bild? Was spricht Sie an? Welchen Titel können Sie Ihrem Bild geben?

Zum Schluss gebe ich Ihnen noch einen kleinen Schubser von Hermann Hesse mit auf den Weg: „Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde“.

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