Es gibt viele mentale oder körperliche Trainingsmethoden, die uns resilienter, stabiler und glücklicher machen sollen und können. Das ist gut so. Aber sie verführen uns manchmal zu glauben, dass wir irgendwie selbst schuld wären, wenn es uns schlecht geht. Doch das Leben haben wir nicht im Griff. Viel zu oft, ist es unangenehm, ätzend, stressig, traurig, enttäuschend, entmutigend oder einfach leidvoll. All unseren Bemühungen zum Trotz. Krankheiten, Todesfälle, Demütigungen, finanzielle Engpässe oder Schmerzen, können wir nicht einfach wegatmen oder durch Ablenkungen und den Blick auf das Schöne und Gute aus der Welt schaffen. Je mehr wir das Schlimme im Leben weghaben wollen, umso aufsässiger und lähmender bleibt es da. Die Umkehrung gilt aber auch: Akzeptanz mildert Leid, beschleunigt sein Vergehen und hilft, etwas gegen zukünftiges Leid zu unternehmen.
Vielleicht das größte Akzeptanzhindernis sind unsere Gedanken, die im Handumdrehen aus realen Mücken phantasierte Elefanten machen. Natürlich tun Mückenstiche weh. Aber sie sind ein Fliegenschiss im Vergleich zu den Schmerzen, die uns eine trampelnde und trompetende Elefantenherde in Zukunft zufügen wird. Natürlich ist die Elefantenherde reine Phantasie. Aber ihre Wirkung ist real. Unangenehmes, Leidvolles, Schmerzhaftes wird übergroß. Die entsprechenden Gefühle scheinen überwältigend und natürlich nehmen wir Reißaus vor ihnen. Dummerweise. Denn wenn wir uns ihnen zuwenden würden, wenn wir uns dazu überwinden könnten, sie einfach zu fühlen und weniger unseren Phantasien Aufmerksamkeit zu schenken, würden wir merken, wie sie kleiner werden und manchmal sogar verschwinden. Denn ohne das Öl und den Blasebalg der Gedanken, geht das emotionale Feuer schneller aus, als wir glauben. Hier eine Übung dazu.
- Wenn Sie lernen möchten, sich unangenehmen Gefühlen zuzuwenden und ihre Intensität herunter zu regulieren, dann üben sie zuerst an Gefühlen, die nicht so intensiv sind. Die Chance, dass Sie sich überwinden können, die unangenehmen Gefühle tatsächlich zu fühlen und in der Folge auch das Nachlassen der Gefühlsintensität zu erleben, ist größer.
- Das Leben bietet uns täglich Gelegenheit zu üben: ein unangenehmes Gespräch, ein verpasster Zuganschluss, eine schlecht gelaufene Präsentation, die Neuinszenierung eines leidlich bekannten Beziehungsscharmützels usw. Wichtig ist nur, dass Sie sich Raum und Zeit nehmen können, sich den ausgelösten Gefühlen zuzuwenden.
- Die Übung besteht vor allem darin, die unangenehmen Gefühle zu fühlen und die begleitenden, meist die Gefühle verstärkenden Gedanken, loszulassen, was nur bedeutet, sie nicht weiterzudenken, sondern die Aufmerksamkeit immer wieder auf die momentane Gefühlsqualität zu richten.
- Unterstützend für dieses, oft herausfordernde „Absehen“ von den Gedanken, kann die Konzentration auf den Körper sein. Fragen Sie sich, wo und wie machen sich die Gefühle im Körper bemerkbar und spüren sie die Körperempfindungen. Die Fokussierung auf den Körper hilft sowohl dabei, die emotionalen Veränderungen der Gefühlsintensität bewusst mitzubekommen, als auch die Aufmerksamkeit von den Gedanken fernzuhalten. In dieser Übung ist es nicht nötig, das Gefühl oder die emotionale Gemengelage identifizieren oder benennen zu können. Fühlen reicht.
- Überfordern Sie sich nicht und seien Sie geduldig, wenn es Ihnen schwerfällt, Gefühle zu fühlen, Gefühle und Gedanken voneinander zu trennen oder Gefühle begleitende Körperempfindungen wahrzunehmen. Mit jeder Übung werden die inneren Sinne schärfer und das Gefühlsdimmen einfacher.
- Zum Schluss das Wichtigste: Vergessen Sie nicht, Gefühle brauchen Zeit zum Abklingen. Je tiefer der Schmerz, umso länger. Die vorige Übung hilft nur dabei, unangenehme Gefühle nicht unnötig zu vergrößern oder zu verlängern. Alles andere heilt die Zeit.
Ich wünsche Ihnen befriedende Gefühlsregulationen.
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