Meditation für Genießer

von | Sep 21, 2021 | Meditation, Umgang mit Angenehmem

Für uns Unruhegeister kann die Vorstellung, auf einem Kissen zu sitzen und nichts zu tun, schon ziemlich abwegig sein. Stehen wir doch manchmal schon morgens vor dem Aufstehen unter Strom. Noch im Halbschlaf beginnen die Gedanken an die unaufschiebbaren Besorgungen, unerledigten Aufgaben, unvorbereiteten Termine, unerfreulichen Gespräche und unangenehmen Notwendigkeiten. Jeder Gedanke ein Stromstoß, der schmerzt. Linderung verspricht nur ein Wettrennen von einem To Do zum nächsten. Je schneller, desto besser. Und selbst wenn wir die Liste reibungslos abarbeiten, laufen wir hinterher. Gedanklich sind wir nämlich immer schon beim nächsten und übernächsten Punkt. Keine Zeit für eine Rast, geschweige denn Genuss. Und dann noch meditieren. Vergiss es!

Doch genau das schlage ich Ihnen vor. Denn Meditation ist ein Umschalten im Kopf. Dafür brauchen Sie keine zusätzliche Zeit. Zugegeben, Umschalten ist nicht ganz einfach, aber einfacher als Sie glauben, wenn Sie als Meditationsobjekt etwas nehmen, was angenehm ist und Spaß machen kann, wie für die meisten Menschen die Morgendusche. Die „Möhren“, die Sie bei einer Duschmeditation gewinnen können, sind nicht nur relativ einfach zu erreichen, sie sind auch schmackhaft und gesund, nämlich Freude, Entspannung und Wohlbefinden, die auf den ganzen Tag ausstrahlen können. Hier die Meditationsanleitung:

  • Entschließen Sie sich für mindestens eine Woche, die Duschmeditation durchzuführen. Umschalten zu lernen, braucht Zeit. Es wird nicht beim ersten Mal klappen, im „Leerlauf“ zu duschen. Es wird auch Rückschläge geben. Meditieren ist wie vieles andere tagesformabhängig. All das ist normal und gehört dazu. Lassen Sie sich davon nicht entmutigen. Umso wichtiger ist es, dass Sie verbindlich mit sich vereinbaren, die nächsten 7 mal (oder mehr) achtsam zu duschen, egal wie Sie das jeweilige Duschen erleben. Erinnern Sie sich jedes Mal, wenn Sie in die Dusche steigen, an Ihre Vereinbarung und erneuern und bekräftigen Sie sie.
  • Machen Sie sich bewusst, dass kaum ein Gedanke, den Sie bislang während des Duschens gehabt haben, wirklich hilfreich oder einmalig war und nicht später noch mal aufgetaucht ist. Sie verpassen also nichts, wenn Sie den Gedanken ein Stopp entgegensetzen oder sie zumindest nicht so ernst nehmen und ihnen einfach folgen. Vielleicht geben sie ihren Gedanken für die Zeit des Duschens einfach Urlaub.
  • Lassen Sie sich nun auf das Duschen ein. So gut das gerade geht. Setzen Sie sich nicht unter Druck und bleiben Sie locker und so entspannt wie möglich, wenn Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die körperlichen Empfindungen beim Duschen richten. Es gibt so vieles zu erleben: den Wasserstrahl auf der Haut, an den verschiedenen Stellen des Körpers, die Wassertemperatur, die Stärke des Strahls, die Bewegungen von Körper, Armen und Händen und die ihre Berührungen an den verschiedenen Körperstellen.
  • Vielleicht bemerken Sie auch manchmal einen Funken von Freude oder einfach nur ein diffuses angenehmes Gefühl, dann würdigen Sie es, anerkennen Sie es und kosten Sie es aus. Solche Gefühle sind ein Geschenk. Wir können sie nicht machen. Sie liegen nicht in unserer Macht. Wir können nur Bedingungen schaffen, in denen sie besser gedeihen können, mehr nicht. Deshalb Vorsicht. Je mehr wir solche Gefühle erreichen möchten, umso weniger werden sie sich einstellen.
  • Prüfen Sie am Ende der vereinbarten Duschperiode, ob sich etwas in Ihrem Duscherleben verändert hat. Dämpfen Sie Ihre Erwartungen. Es reichen schon sehr kleine Veränderungen, dass Sie sich zum Beispiel etwas mehr auf das Duschen konzentrieren können, dass Sie etwas weniger an Ihre To Do Liste denken, dass Sie etwas mehr Freude beim Duschen empfinden, dass Sie Ihren Körper etwas mehr spüren usw. Auch schon minimale Veränderungen können Ihnen zeigen, dass Sie auf dem richtigen Weg sind und könnten Sie auch motivieren, eine neue Duschmeditationsperiode mit sich zu vereinbaren. Sie können darauf vertrauen, dass mit zunehmender Übung auch positive Wirkungen im Alltag wahrscheinlicher werden.

Ich wünsche Ihnen Entschlusskraft und Experimentierfreude.

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