Vom Anpacken und Loslassen

von | Sep 15, 2019 | Arbeitskontext, Selbstreflexion

Wir packen an. Wir spucken in die Hände und strengen uns an. Wir sind unseres Glückes Schmied. Ohne Machen und Tun gibt es weder persönliche Zufriedenheit, beruflichen Erfolg noch Weltverbesserung. Doch Machen und Tun haben Grenzen. Unser Einfluss auf uns und die Welt ist oft kleiner als wir wahrhaben wollen. Leicht können wir uns dann verausgaben und wütend werden, wenn wir mit großer Anstrengung am falschen Seil ziehen oder uns klein fühlen, wenn wir unsern Wert nur davon abhängig machen, was wir bewegen.

Dann ist Loslassen eine gute Idee. Die Dinge sein lassen, wie sie sind, auch die unangenehmen und vertrauen lernen, dass es gut weitergeht, dass die Welt für uns einen Platz hat und wir alle beschenkt werden können, auch wenn wir aufhören zu ziehen.

Doch wie alles im Leben, hat auch Loslassen Grenzen. Faulheit und Trägheit winken verlockend aus der gleichen Richtung. Allzu schnell liegen dann die Hände im Schoß und bleiben dort gerne auch mal länger liegen, vielleicht noch mit Achtsamkeit als Ausrede.

Doch Achtsamkeit wird gründlich missverstanden, wenn es als Vehikel gesehen wird, sich einfach mit allem abzufinden, sich klein zu machen, unsere Ziele zu verraten und das Leid von uns und anderen „wegzuatmen“. Achtsamkeit ist vielmehr ein Spiegel, der uns hilft zu sehen, wie uns Gewohnheit, Bequemlichkeit und Herzlosigkeit im Griff haben, wie wir uns in wirkungslosem Aktionismus und Klagen verlieren und wie wir vielversprechende Anstrengungen immer wieder auf morgen verschieben. Hier eine Übung, um sich bewusster zu werden, was im Moment angesagt ist: loslassen oder anpacken oder beides.

  • Nehmen Sie sich im Laufe des Tages immer wieder etwas Zeit, z. B. in Kaffeepausen oder anlässlich eines Toilettengangs, um sich zu besinnen. Konzentrieren Sie sich eine Zeitlang auf ihren Atem, um sich zu entspannen und mehr zu sich zu kommen.
  • Lassen Sie die folgenden Fragen „sinken“ ohne angestrengt nach Antworten zu suchen. Seien Sie neugierig darauf, welche Gedanken Ihnen kommen.
  • Was ist jetzt im Moment wichtig, sinnvoll, notwendig, nützlich, hilfreich für mich und für andere? Was kann ich loslassen? Was kann ich anpacken?
  • Was hindert mich daran, Nutzloses, Sinnloses, Fruchtloses, mich und andere Verletzendes loszulassen oder Sinnvolles, mich und andere Förderndes, vielleicht Ungewohntes anzupacken? Nehmen Sie einfach zur Kenntnis, welche Gedanken und Gefühle auftauchen, ohne sie zu bewerten oder verändern zu wollen. Dabei kann eine Aha-Haltung helfen: Aha, so denke oder fühle ich. Das ist ja interessant.
  • Das Ziel der Übung ist, sich der mentalen und emotionalen Verstrickungen bewusst zu werden und nicht, sich unter Druck zu setzen, sofort etwas anderes zu tun. Sie können darauf vertrauen, dass jedes Stück Bewusstwerdung wirkt und sich das Verhalten mit der Zeit ganz von alleine verändert.
  • Bis dahin erlauben Sie sich, so grenzenlos wohlwollend, geduldig, verständnisvoll und mitfühlend mit sich zu sein, wie es Ihnen möglich ist.

Ich wünsche Ihnen viel Weisheit, bei der Wahl des Seils, an dem Sie ziehen.

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